Ein Tierschutzhund zieht ein: Tipps für einen guten Start ins neue Zusammenleben

Ein Tierschutzhund zieht ein: Tipps für einen guten Start ins neue Zusammenleben

4Pfoten-Urlaub ein Hund aus dem Tierschutz
4Pfoten-Urlaub der Hund sucht ein für immer Zuhause

Die Mitarbeiter jedes Tierschutzvereins sind glücklich, wenn sich jemand meldet und einen ihrer Schützlinge adoptieren möchte. Sie führen Gespräche mit der Person, klopfen die Rahmenbedingungen ab und weisen darauf hin, dass der Hund eine oft unbekannte Vergangenheit mitbringt. Dennoch kommt es leider immer wieder vor, dass der Adoptant bereits kurze Zeit nach dem Einzug des Vierbeiners darum bittet, den Hund zurückzunehmen. Manchmal schon nach nur einem einzigen Tag.

Viele Hunde – vor allem aus dem Auslandstierschutz – sind verängstigt, wurden vielleicht misshandelt, mussten Todesangst, Hunger, Vernachlässigung und Schmerzen erleiden, bevor sie in die Obhut des Vereins kamen. Selbst wenn Ihnen die Mitarbeiter des Vereins mitteilen, was für einen wunderbaren Hund Sie sich ausgesucht haben – Sie als Adoptant holen sich dennoch immer eine Wundertüte ins Haus!

Überraschungspaket Tierschutzhund – individuell wie jeder Mensch

Die zweijährige rumänische Hündin Mayla, vermutlich ein Schäferhund-Mix, wurde von ihrer Adoptantin ins Haus geführt und im sicheren Bereich abgeleint. Mayla ging schnurstracks ins Wohnzimmer, klopfte bildlich gesprochen dreimal mit der Pfote auf den Tisch und sagte fröhlich: „Tach allerseits, ich bin die Neue im Rudel! Was ist so los hier?“ Mayla kam, sah und war zu Hause. Sie spielte vom ersten Tag an. Sie kuschelte mit ihren neuen Menschen. Sie liebte es, andere Hunde kennenzulernen und lange Wanderungen zu unternehmen. Fröhlich, unkompliziert, offen für alles Neue – das ist Mayla.

Der dreijährige Herdenschutzhund-Rüde Justin – ebenfalls aus Rumänien – suchte sich zunächst ein sicheres Plätzchen in der großen Hundebox im Flur. Er wollte keinen Kontakt, und angefasst werden wollte er schon mal gar nicht. Er brauchte sechs Wochen, bis er sich einigermaßen entspannt an der Leine ins Freie führen ließ. Er brauchte drei Monate, bis er die Streicheleinheiten seiner Menschen wirklich genießen konnte. Er brauchte ein halbes Jahr, bis er es wagte, sein Körbchen im Wohnzimmer zu beanspruchen. Nach anderthalb Jahren war er endgültig „angekommen“, bewegte sich souverän im Haus, im Garten und auch in unbekannten Gegenden und machte hin und wieder auch mal Blödsinn.

Timon, ein kleiner spanischer Mischling, ist ein ähnlich fröhlicher Geselle wie Mayla: offen, immer gut gelaunt, immer in Kuschelstimmung. Aber er brachte sein Frauchen in den ersten Tagen nach seiner Ankunft mehrmals täglich an ihre Grenzen: Er klaute Essbares, wann immer sich ihm die Gelegenheit dazu bot. Er kletterte auf die Anrichte, sprang auf die Tische, öffnete die Tür zum Vorratsraum… Hatte er „Beute gemacht“ und jemand versuchte, sie ihm wegzunehmen, setzte er hemmungslos seine Zähne ein, um sie zu verteidigen. Wie viel Hunger muss der kleine Rüde während seines Lebens auf der Straße gelitten haben?

Liebe, Fairness, Geduld – das Grundrezept für einen guten gemeinsamen Start

4Pfoten-Urlaub Auslandstierschutz
4Pfoten-Urlaub ein Hund im Shelter

Auch wenn Ihnen ein Vierbeiner als grundsätzlich freundlich, ruhig und unkompliziert beschrieben wird: Gehen Sie davon aus, dass er sich bei Ihnen im neuen Zuhause zunächst anders zeigen wird. Nicht ohne Grund plädieren die Tierschutzvereine dafür, die sogenannte 3-3-3-Regel im Hinterkopf zu behalten:

Neu adoptierte Hunde benötigen

3 Tage, um die ersten Eindrücke zu verarbeiten und sich zu beruhigen.

3 Wochen, um Ihre Routinen kennenzulernen und sich einzugewöhnen.

3 Monate, um Vertrauen zu fassen und sich zuhause zu fühlen.

Wichtig: Es handelt sich dabei nicht um allgemeingültige Angaben! Sie sollen Ihnen lediglich einen Eindruck vermitteln, wie viel Zeit Ihr neues Familienmitglied möglicherweise zum Ankommen benötigt. Viele Hunde weichen in die eine oder andere Richtung zum Teil deutlich von der 3-3-3-Regel ab; siehe Mayla oder Justin!

Geben Sie Ihrem Hund ausreichend Zeit

  • Gehen Sie in den ersten Tagen nach dem Einzug Ihres Tierschutzhundes alles langsam an. Erwarten Sie erst einmal gar nichts von Ihrem neuen Familienmitglied und lassen Sie ihn sein neues Zuhause in Ruhe erkunden.

  • Sorgen Sie für ein ungestörtes Eingewöhnen und überfordern Sie ihn nicht. Sehen Sie davon ab, ihn sofort vorzuführen und Familie, Freunde und Nachbarn zur „Besichtigung“ einzuladen.

Ihr Hund ist unsicher bis ängstlich?

4Pfoten-Urlaub Tierschutzhund
4Pfoten-Urlaub Tierschutzhund wartet auf seine neue Familie

Weisen Sie ihm zunächst einen begrenzten Bereich zu und eröffnen Sie ihm nicht gleich das gesamte „Revier“, um ihn auch in dieser Hinsicht nicht zu überfordern. Justin hielt sich zunächst ausschließlich im Flur auf. Die Treppe nach oben war durch eine Kindersicherungstür gesperrt, zwei von vier Türen im Erdgeschoss waren geschlossen. Er hatte die Möglichkeit, Küche und Wohnzimmer zu betreten, die Menschen zu beobachten, ihren Gesprächen zu lauschen etc. Erst als er sich sicher genug fühlte, diese beiden Räume zu betreten, vergrößerten seine Menschen Schritt für Schritt seinen Aktionsradius.

Sanfte Kommunikation in angemessenen Dosen

Ihr Hund kommt aus dem Auslandstierschutz? Dann wird er Ihre Sprache vermutlich überhaupt nicht verstehen. „Hallo“ heißt auf Rumänisch „Buna ziua“, auf Spanisch „Hola“, auf Italienisch „Ciao“ etc.


Bleiben Sie ruhig und gelassen, haben Sie Geduld. Werden Sie nicht lauter und verzichten Sie unbedingt auf eine harsche Ansprache, um den Vierbeiner nicht unnötig zu verunsichern.

Körpersprache dagegen ist universell; jeder Hund versteht seine Artgenossen unabhängig seiner Herkunft. Damit Sie ungewollte Missverständnisse von vornherein vermeiden können, achten Sie bitte darauf,

  • den Hund nicht körperlich zu bedrängen und schon gar nicht zu umarmen, denn damit schränken Sie seine Bewegungsfreiheit ein, was er als bedrohlich empfindet;
  • sich nicht über ihn zu beugen oder seinen Kopf zu tätscheln, denn auch das empfindet er als bedrohlich;
  • sich stattdessen lieber kleiner zu machen, in die Knie zu gehen und ihm die geöffnete Handfläche zu zeigen;
  • ihm nicht in die Augen zu starren, weil er dies als Provokation verstehen könnte;
  • klare Signale (Gestik, Mimik) zu etablieren und in Ruhe mit ihm zu kommunizieren.

Weitere Tipps für die erste Zeit mit Ihrem Tierschutzhund

4Pfoten-Urlaub Box für den Hund
4Pfoten-Urlaub eine Box kann ein sicherer Rückzugsort für den Hund sein
  • Bieten Sie Ihrem Hund Möglichkeiten an, sich bei Bedarf zurückzuziehen. Platzieren Sie die Körbchen, Decken oder die Box so, dass er sich geschützt fühlt. Das heißt, die Ruheplätze sollten sich nicht mitten im Raum befinden. Und Ihr Hund darf hier keinesfalls gestört werden.

  • Sorgen Sie in der ersten Zeit für eine grundlegene Ruhe in seinem neuen Umfeld, damit er sich in seinem eigenen Tempo an neue Reize und Geräusche gewöhnen kann. Zeigen Sie Ihren Kindern, wie sie optimal mit dem Neuzugang umgehen sollten, wann sie den Hund beispielsweise nicht stören dürfen, und lassen Sie Hund und Kinder nicht allein miteinander sein.

  • Ein geregelter Tagesablauf mit Kuschel- und Spielzeiten, Spaziergängen, Fütterung etc. bietet Ihrem Hund Orientierung und Sicherheit.

    Extra-Tipp: Behalten Sie diese Routinen auch bei, wenn Sie mit Ihrem Tierschutz-Hund später einmal in den Urlaub fahren; es wird ihm sehr helfen, sich im vorübergehenden Zuhause wohlzufühlen!

  • Verwechseln Sie Mitleid nicht mit Mitgefühl. Mitleid hilft Ihrem Hund nicht weiter, hemmt seine Entwicklung und sorgt dafür, dass Sie beide in der (wahrscheinlich unbekannten) Vergangenheit feststecken. Mitgefühl dagegen ist das, was Ihr Hund jetzt dringend benötigt; erkennbar an Ihrem Einfühlungsvermögen, Ihrem Verständnis für seine Sorgen und Nöte, Ihrer Geduld sowie Ihrer Fähigkeit, ihm die notwendige Führung und Orientierung zu geben.

  • Knurrt oder bellt Ihr Hund Sie an, ist dies kein Grund, auf Aggression zu schließen! Bleiben Sie ruhig und gelassen, lassen Sie ihn vorerst in Ruhe.

    Ihr Hund hat keine andere Möglichkeit zur Kommunikation und bittet Sie damit, auf Distanz zu gehen. Vermutlich hat er Ihnen bereits vorher signalisiert, dass er Angst oder Stress hat, indem er den Blick oder den Kopf zur Seite gewendet hat, geblinzelt hat, sich die Schnauze geleckt hat und ähnliches.

Benötigen Sie konkrete Hilfe?

Grundsätzlich können Sie sich jederzeit an den Tierschutzverein wenden, der Ihnen Ihr neues Familienmitglied vermittelt hat. Stellen Sie Fragen, lassen Sie sich helfen! Möglicherweise kann beispielsweise die Person, die bei Ihnen zu Hause die Vorkontrolle durchgeführt hat, vorbeischauen und sich die Situation vor Ort „live“ ansehen, mit den Mitarbeitern des Tierschutzvereins sprechen und gemeinsam mit Ihnen nach Lösungen suchen.

Haben Sie keine Bedenken, um Hilfe, Rat und Unterstützung zu bitten! Hier gilt das Motto: „Lieber einmal zu viel fragen als einmal zu wenig!“

Wir hoffen, euch hat unser Blogartikel gefallen! Bei Ideen, Anregungen oder Korrekturwünschen bitten wir um einen Kommentar 🙂

Euer 4Pfoten-Urlaub-Team

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